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Entschleunigung

Es ist erschreckend, wie sehr sich unser Leben in den letzten paar Jahrzehnten verändert hat. Denkt mal drüber nach, alles wird immer schneller. Youtube-Videos die länger als 5 Minuten gehen, bringen weniger Geld als ihre Gegenstücke, Serien mit 20 Minuten pro Folge werden immer populärer (während man in den 60ern noch 2 Stunden für Doctor Who verbracht hat), Dating geht dank Lovoo und Tinder mit einem Like oder Swipe – also effektiv einer Sekunde Zeit um jemanden kennenzulernen. Kaum jemand hinterfragt mehr Informationen – BILD schreibt “Kachelmann ist ein Vergewaltiger”? Hatekommentar schreiben und weiter zum nächsten Video von LeFloid. Ganz Deutschland heult rum, wenn die Bahn mal wieder 10 Minuten zu spät kommt oder das Amazon-Paket nicht nach 2 Tagen zu Hause vor der Tür liegt. Und das bei unserer steigenden Lebenserwartung. Leute, wir schaffen vielleicht bald alle die 100 Jahre durch unsere medizinische Entwicklung. Solche Nichtigkeiten sind doch gar nicht wichtig.

Mir ist klar, dass ich heute wieder von einigen Leuten Nachrichten bekomme wie “Lol du schwafelst so viel auf Facebook rum”. Kleine Selbstreflektion: Vielleicht sind wir es nur nicht mehr gewohnt, mittelgroße Texte zu lesen. Dabei ist der hier nicht einmal “mittel”, nach meinen Standards. Für Twitter wäre der allerdings schon utopisch.

Ich bekomme oft diese ehrfürchtigen Blicke, so als wäre ich eine Art “Guru” weil ich einen Rechner aufschrauben und Beamer reparieren kann. Als wäre das ein Skill, der mir angeboren ist und den nur bestimmte Leute hätten. NOPE. Ich lese einfach nur verdammt viel und kombiniere die Dinge, die ich dabei lerne anstatt sie nur stur auswendig zu lernen. Sich Zeit für etwas zu nehmen kommt aus der Mode und das ist wirklich schade.

Die Frage ist, wo das hinführt. Es ist erwiesen, dass die Burnout-Raten steigen. Die Japaner haben einen Selbstmordwald in den die Leute gehen, die mit dem sozialen Stress nicht mehr klarkommen.

Genau aus dem Grund habe ich mein Handy meist in der Tasche, auch wenn ich ein Technik-Junkie bin. In der Schlange vor der Kasse kann man prima nachdenken.
Außerdem stehe ich dazu, dass ich nur 6 Stunden arbeiten will und dafür auch auf ein dickes Gehalt pfeife. Es gibt zwar Menschen die mich deshalb für einen Sozialschmarotzer halten, aber das ist mir egal. 8 Stunden Arbeit pro Tag, eine Stunde Pflichtpause weil wir in Deutschland sind und dazu die Anfahrt – wie viel bleibt denn da vom Tag zum Leben und für Hobbies? Das ist kein Leben.

Ich habe noch tausend Gedanken, vielleicht werde ich ein YouTube-Videos daraus machen. Ohne Jumpcuts. 🙂

Die Leute von der NY Times sehen das übrigens ähnlich wie ich:

http://www.nytimes.com/2014/07/27/sunday-review/no-time-to-think.html?_r=0

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Danke, dass ich sowas lesen durfte. Manchmal habe ich den gleichen Gedankengang und man fragt sich, ob man wirklich in der Minderheit ist, mit der Faehigkeit sich auch mal laenger als 20 Minuten mit einer Sache zu beschaeftigen.
    Und doch erwische ich mich Abends manchmal dabei, dass ich mich gut fuehle, wenn ich moeglichst viel an einem Tag erledigt bekommen habe…

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